Dr. Stefan Lang am 30. November 2018

Hassobjekt ‚Wissenschaftliches Schreiben‘


Kategorie Schreib- und Publikationsprozess

Eine ungerichtete Suche nach „Wissenschaftliches Schreiben“ bei Twitter. @SteveKanonfreak schreibt: „Ich hasse wissenschaftliches Schreiben. Nichts für mich.“ @monafelicis sagt das gleiche, nur in Großbuchstaben: „Ich HASSE WISSENSCHAFTLICHES SCHREIBEN.“ Oder @Cheshirepunks: „Letztendlich hasse ich wissenschaftliches Schreiben so oder so!“

Diese Abneigung gegen das wissenschaftliche Schreiben kann leicht in einer Schreibblockade enden. Was macht die Leute so wütend?

Schreiben wird nur an wenigen Unis vernünftig unterrichtet

Studierende wissen es. Promovierende wissen es. Und jeder, der sich beruflich an den Universitäten herumtreibt, weiß es auch: Wissenschaftliches Schreiben wird nur an wenigen Unis vernünftig unterrichtet.

Wenn aber die Studierenden ihre Bachelor-, Master- oder Doktorarbeiten schreiben müssen, brauchen sie einen Plan, was zu tun ist und wie sie vorgehen müssen. Meist haben sie zwar eine leise Ahnung, wie das ganze Ding, zum Beispiel die medizinische Doktorarbeit am Ende aussehen muss. Aber wie sie dahin kommen, das wissen sie nicht.

  • Und so wird das wissenschaftliche Schreiben zum Hassobjekt und das kann leicht in einer Schreibblockade münden: Die Anforderungen sind sehr hoch und die Promovierenden wissen nicht, wie sie sie erfüllen sollen.

Kurse zum wissenschaftlichen Schreiben: Regeln, Regeln, Regeln

Einspruch“, werden jetzt die Professorinnen und Professoren sagen. „Wir haben doch Seminare und Kurse zum wissenschaftlichen Schreiben. Was sollen wir denn noch tun?

Richtig, Kurse gibt es – manchmal. Oft wird ein Post Doc oder Assistent verdonnert, mal eben ein Seminar zu diesem Thema durchzuführen. Die Slides seiner Präsentation sehen dann oftmals so aus, wie im Bild rechts.

Viele Regeln, ein bißchen was zum Aufbau der Doktorarbeit und noch weniger zum wissenschaftlichen Stil – also nichts, was Lust aufs Schreiben macht.

  • Aber wie man eine gute Gliederung erstellt, wie man sich verständlich und präzise ausdrückt und wann man sich um die Regeln und formalen Anforderungen kümmern sollte – das erfährt man in diesen Seminaren meist nicht.

Mythen über das wissenschaftliche Schreiben

Studierende glauben fälschlicherweise, beim wissenschaftlichen Schreiben gehe es um Regeln und Gesetze.Überhaupt „Regeln“! In diesen Seminaren bekommen die Studierenden den Eindruck, beim wissenschaftlichen Schreiben gehe es vor allem darum, irgendwelche Regeln, Gesetze und Paragrafen zu kennen und akribisch zu befolgen – furchtbar!

Die Folge: Das regelkonforme Schreiben wird priorisiert, die Verständlichkeit leidet. Spaß macht das Ganze nicht und die Angst vor einem Regelverstoß begünstigt die Schreibblockade.

Ich glaube, dass viele Professoren, wenn sie an das Schreiben denken, noch das Bild des gramgebeugten Romanciers vor sich haben, der im Kerzenschein an Formulierungen feilt, Wörter auf die Goldwaage legt und in mühevoller Kleinarbeit, Satz für Satz und Wort für Wort, dem Ende entgegen schreibt – in einem zähen und qualvollen Prozess.

Ob erfolgreiche Autoren und Autorinnen, ganz gleich welches Genres, jemals so geschrieben haben? Tolkien hätte „Herr der Ringe“ nicht schreiben können, wenn er sich nicht zuerst einen genauen Plan erstellt und erst dann, im nächsten Schritt, seine Sätze formuliert hätte.

  • Viele Autoren und Autorinnen hätten ihre Bücher wohl nie fertiggestellt, wenn sie immer nur an Schreib-Regeln gedacht hätten.

Was sollte in Kursen zum wissenschaftlichen Schreiben unterrichtet werden?

Wissenschaftliches Schreiben: Statt Trial & Error besser mit Struktur.Um komplexe Inhalte in einem Text festhalten zu können, darf man also nicht regelkonform drauflos schreiben, sondern sollte eine ganz bestimmte Sequenz einzelner Arbeitsschritte einhalten: Konzept, Gliederung, Rohfassung, Überarbeitung (strukturierter Schreibprozess).

Regeln sind wichtig, klar, doch die kann man getrost erst dann umsetzen, wenn man eine vernünftige Rohfassung seines Textes geschreiben hat. Die Unterscheidung der Arbeitsschritte ‚Rohfassung schreiben‘ und ‚Überarbeitung‘ ist sehr wichtig.

  • Die Arbeitsschritte des strukturierten Schreibprozesses kann man lernen – und man kann sie unterrichten.

Ein neuer Fokus für Kurse im wissenschaftlichen Schreiben

Kurse im wissenschaftlichen Schreiben brauchen also einen neuen Fokus. Weg von der Frage, wie das Endprodukt ‚Manuskript‘ am Ende auszusehen hat, und hin zu der Frage: „Wie kommt man dahin?

Letztendlich ist es wie beim Wandern: Wenn man einen Plan hat und genau weiß, in welchen Etappen man ans Ziel gelangt, läuft es sich sehr viel entspannter.

Dr. Stefan Lang

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