Dr. Stefan Lang am 09. Oktober 2024
Ethisches Scientific Writing
Kategorie Schreib- und Publikationsprozess
Dass es fürs Forschen wichtige ethische Grundregeln gibt, ist klar. Aber die ethischen Anforderungen enden nicht mit dem Abschluss der praktischen Arbeiten im Labor oder in der Klinik. Auch für das wissenschaftliche Schreiben gibt es sie – ethische Grundregeln.
Als wissenschaftlicher Autor oder Autorinnen trägt man Verantwortung – nicht nur für das, was man in Labor, Klinik oder Tierstall tut (Ethik und Wissenschaft), sondern auch für das, was man schnlie.
Sieben „was-gar-nicht-geht-Regeln“ fürs Scientific Writing
- Selektives Publizieren – das heißt: Es werden nur die Experimente und Studien publiziert, die den Autoren und Autorinnen genehm sind.
- Selektives Zitieren – das heißt: Es werden nur die Paper zitiert, die den Autoren genehm sind.
- Blindes Vertrauen auf die Sekundärliteratur – das heißt: Man vertraut den Reviews, die man gelesen hat, und vernachlässigt die Originalarbeiten.
- Plagiarismus – Abschreiben geht gar nicht.
- Unethisches Paraphrasieren – wenn man die Wahrheit so weit verbiegt, dass sie unwahr wird.
- Manuskript Recycling – das heißt: Aus den selben Daten gleich mehrere Paper machen? Finden weder Leser noch Herausgeber lustig.
- Geschenkte Autorenschaft oder Ghost-Autoren – ebenso unethisch wie die vorenthaltene Autornschaft.
1. Selektives Publizieren
Was für die Arbeit im Labor oder in der Klinik gilt, gilt auch fürs Scientific Writing. Niemand darf im Labor einfach unliebsame Ausreißer einer Messreihe löschen – auch wenn sie den Fehlerbalken in die Höhe schießen lassen würden.
Und genauso wenig darf man selektiv publizieren, also nur die Studien oder Ergebnisse veröffentlichen, die einem genehm sind. Auch wenn die Daten unsere Hypothese infrage stellen, dürfen wir sie nicht ignorieren.
2. Selektives Zitieren
Gleiches gilt für Publikationen, die nicht in unser Bild passen. Der Leser erwartet in der Discussion eines Papers eine ehrliche Diskussion: Welche Literaturdaten unterstützen die Argumentation des Papers und welche widersprechen ihr?
Keinesfalls darf man sich auf die unterstützende Literatur beschränken – das wäre unwissenschaftlich und widerspräche der wissenschaftlichen Ethik.
3. Blindes Vertrauen auf die Sekundärliteratur
Man darf sich beim Recherchieren nicht auf Sekundärliteratur wie etwa Reviews verlassen. Dort können Daten fehl- oder überinterpretiert worden sein.
Als wissenschaftlicher Autor oder Autorin ist man verpflichtet, sich die Daten, die man zitiere möchte, im Original zu lesen. Nur dann dürfen die Quellen in eine Publikation.
4. Absolutes No-go: Plagiarismus
Plagiarismus (Wikipedia Link) ist natürlich per se unethisch, unhöflich und geht gar nicht. Sie möchten ja auch nicht, dass jemand Ihre Daten, Ideen oder Texte, für die Sie hart gearbeitet haben, als seine eigenen ausgibt (Plagiate in der Wissenschaft).
Beschreiben Sie also die Ideen anderer mit Ihren eigenen Worten (paraphrasieren) und geben Sie die Quelle an. Falls Sie etwas wörtlich zitieren, vergessen Sie nicht die Anführungszeichen.
5. Unethisches Paraphrasieren
Da wir gerade beim Paraphrasieren sind: Wenn Sie ein Paper zitieren, in dem die Autoren in der Schlussfolgerung sagen „our data suggest a role of cyclin …“, dann darf man daraus nicht machen „the authors demonstrated the role of cylcin…“. Beim Paraphrasieren muss man genau und ehrlich bleiben, sonst wird die eigene Publikation fehlerhaft.
Auch sollte man nicht schreiben „several studies [1-3] have demonstrated“, wenn nur Quelle 1 ein Originalartikel ist und die Quellen 2 und 3 dagegen nur Reviews sind.
6. Selbst-Plagiarismus: Manuskript Recycling
Gelegentlich versuchen Autoren im Sinne der Gewinnmaximierung die gleichen Daten in verschiedenen Publikationen zu verbraten. Dem Leser gegenüber ist das nicht fair, den redlichen Wissenschaftlern gegenüber auch nicht. Und die Herausgeber der Fachjournale finden das auch nicht lustig (hierzu: Text recycling: acceptable or misconduct?).
7. Falsche Autorenschaft beim wissenschaftlichen Schreiben
Regeln zur Autorenschaft eines Papers
Wer kann wissenschaftlicher Autor oder Autorin werden? Um sich für die Autorenschaft eines Papers zu qualifizieren, müssen die drei folgenden Bedingungen erfüllt sein, und zwar alle (vgl.: International Commitee of Medical Journal Editors):
- Man muss an der Planung, Durchführung und Auswertung der Experimente oder der Studie beteiligt gewesen sein.
- Man muss das Manuskript geschrieben oder es kritisch korrekturgelesen haben.
- Man muss der Submission der finalen Manuskriptversion zugestimmt haben.
„geschenkte“ Autorenschaft für eine Publikation
Und somit wird klar, was nicht in Ordnung ist: Jemand hat nur einmal durchs Paper geblättert und bekommt eine Autorenschaft, weil er dringend ein paar Impact-Punkte für seine Bewerbung braucht? Geht gar nicht.
Geistautorenschaft
Jemand steht nur auf dem Paper, weil er oder sie berühmt ist, einen tollen Namen hat, und dadurch die Publikation glaubwürdiger macht als sie es eigentlich verdient? Geht noch weniger.
Autorenschaft vorenthalten
Umgekehrt darf niemandem eine Autorenschaft vorenthalten werden, der die oben genannten Kriterien erfüllt – auch nicht, wenn der oder diejenige die Uni oder den Lehrstuhl wechselt oder beim Chef in Ungnade gefallen ist (vgl.: International Commitee of Medical Journal Editors).
Acknowledgement im Paper
Jemand hat einen wichtigen Beitrag zum Paper geleistet, die Statistik gemacht oder den First Draft geschrieben, aber erfüllt eben nicht alle der oben genannten drei Kriterien? Das Acknowledgement ist die Stelle in der Publikation, an der man denjenigen nennen kann und auch sollte (vgl.: International Commitee of Medical Journal Editors).
Fazit
Diese Grundsätze sollten Bestandteil der universitären Ausbildung sein – und Profs, AG-Leiter und Betreuer im Labor sollten bei der Umsetzung dieser Regeln mit gutem Beispiel vorangehen.
Ethische Grundregeln fürs Scientific Writing gelten natürlich auch für wissenschaftliche Poster und Doktorarbeiten.
Dr. Stefan Lang
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