Dr. Stefan Lang am 17. Januar 2017
Die Story des Paper-Protokolls
Eines Tages im Labor dachte ich mir: „Wir schreiben unsere Paper hier alle nach dem Trial & Error-Prinzip. Warum gibt es keine Schreibanleitung, die genau so übersichtlich und strukturiert wie ein Versuchsprotkoll ist? Warum gibt es eigentlich kein Paper-Protokoll?“
Die Arbeit im Labor hat mir immer richtig Spaß gemacht: die Western- und Northern-Blots, die Immunhistologie, die FACS-Analysen und die Zellkultur – ja selbst Agarose-Gele habe ich gerne gegossen, damals, als ich noch für Unis und Biotech-Firmen pipettierte.
Wissenschaftliches Schreiben nach dem Trial & Error-Prinzip?
Und das Schreiben? Die Paper, Originalartikel, Übersichtsarbeiten und Case Reports? Irgendwie hatten wir, meine Kollegen und ich, uns damit abgefunden, dass wissenschaftliches Schreiben (scientific writing) wohl so sein müsste: ein zeit- und nervtötender Prozess, ein zäher Kampf mit Worten und Sätzen; publikationsfähige Manuskripte entstanden nur in endlosen Korrekturschleifen. Doch war ein Paper endlich akzeptiert, konnte sich keiner der Autoren mehr so richtig darüber freuen.
Eines Tages, am Ende eines langen Labortages, machte ich den Fehler, kurz vor Feierabend noch einmal meine E-Mails zu checken. Mein Chef hatte mir seine Korrekturen unseres aktuellen Papers geschickt – und hatte wieder ganze Passagen verschoben, gelöscht oder ergänzt, sodass die Arbeit am Manuskript im Prinzip wieder von vorne losgehen konnte. “Trial & Error“, kam mir damals in den Sinn. „Wir arbeiten völlig ungerichtet – wie die Brownsche Molekularbewegung. Wir schreiben, löschen, schreiben und korrigieren einfach so lange, bis irgendwann ein fertiges Paper dabei herauskommt.“
Dies war der Augenblick, in dem mein Interesse für das wissenschaftliche Schreiben erwachte. Denn ich fragte mich:
„Warum haben wir für alle Experimente genaue Versuchsprotokolle und Anleitungen, nicht jedoch für das Schreiben unserer Paper? Warum gibt es eigentlich kein Paper-Protokoll fürs Scientific Writing?“
Der Weg zur Anleitung fürs wissenschaftliche Schreiben
Von diesem Augenblick bis zum fertigen Paper-Protokoll war es noch ein weiter, ein sehr weiter Weg. Ich besuchte zahlreiche Workshops, las alle möglichen Schreibratgeber über das Scientific Writing und erprobte das Gehörte und Gelesene gleich bei meinem nächsten Research Paper.
Ich testete verschiedene Schreibstrategien und entwickelte Schritt für Schritt den strukturierten Schreibprozess, der die Entstehung eines Papers in die Phasen Konzept, Outline, Rohfassung und Überarbeitung unterteilt. Beim strukturierten Schreibprozess wird also nicht mehr nach dem Trial & Error-Prinzip geschrieben, sondern in einer definierten Folge einzelner Planungs- und Arbeitsschritte – eben nach Protokoll, nach Anleitung.
Unglaublich, aber mit dieser Anleitung begann die Sache Spaß zu machen – mit jedem Paper ein wenig mehr. Irgendwann machte mir das Schreiben so viel Spaß, dass ich den Laborkittel an den Nagel hing und die Pipette endgültig gegen die Tastatur eintauschte.
Nachdem ich mich als Scientific & Medical Writer selbständig gemacht hatte, fing ich an, Studierende, Doktoranden und Wissenschaftler im wissenschaftlichen Schreiben zu unterrichten. Grundlage meiner Kurse war natürlich der strukturierte Schreibprozess bzw. meine Anleitung, mein „Paper-Protokoll“. So stellte ich fest, dass auch andere von meinem Konzept profitierten. Das Feedback meiner zahlreichen Kursteilnehmer half mir, den strukturierten Schreibprozess zu verfeinern – und ihn endgültig in Form eines ‚Protokolls‘ zu fixieren.
Das Paper-Protokoll als Buch: Anleitung für Fachartikel aus Naturwissenschaften und Medizin
Ich glaube es war ungefähr Mitte 2015, als ich beschloss, das Paper-Protokoll als Buch zu veröffentlichen. Nach etwa einem Jahr war es endlich geschafft und im September 2016 kam das Paper-Protokoll schließlich in den Handel.
Nun gibt es nicht mehr nur Versuchs- und Studienprotokolle, sondern auch ein Schreibprotokoll. Ich hoffe, es hilft Ihnen beim Schreiben Ihres biomedizinischen Originalartikels – so wie es auch mir geholfen hat.