Dr. Stefan Lang am 04. Januar 2017
Schreiben im Bereich Life Science – nicht ohne Konzept
Kategorie Schreib- und Publikationsprozess
Im Bereich Life Science ein Research Paper oder eine Dissertation ohne Konzept schreiben zu wollen, ist wie eine Reise ohne klares Ziel zu beginnen: Der Text entsteht langsam, Wort für Wort und Satz für Satz. Und am Schluss müssen ganze Passagen nachträglich verschoben, gelöscht oder ergänzt werden, um aus dem Ganzen annährend eine runde Sache zu machen.
Nur Schreibanfänger arbeiten ohne Konzept. Schreibprofis beginnen ein Projekt dagegen immer mit einem Konzept: Romanautoren skizzieren Ihre Buchidee in einem 1- bis 2-seitigen Exposé und Journalisten beginnen mit einer knappen Storyline. Warum? Damit sie sich mit ihrem Konzept einen Verlag oder eine Redaktion suchen können, die an ihrem Werk interessiert ist. Denn sonst wäre die Gefahr viel zu groß, viel Arbeit und Zeit in den Sand zu setzen.
Auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen können es sich nicht leisten, Zeit zu verlieren. Daher sollten auch sie ihr Schreibprojekt mit einem Konzept beginnen, denn das Konzept legt das Ziel eines Papers oder einer Dissertation fest.
Was ist ein Konzept? Die wichtigsten Kernbotschaften!
Legen Sie zu Beginn die Koordinaten Ihres Ziels fest. Diese Koordinaten sind die wichtigsten Kernbotschaften Ihres Papers oder Ihrer Dissertation und sollten im Vorfeld exakt definiert werden:
- Hintergrund: Ihr Thema und seine Relevanz (was macht die Arbeit bedeutsam?)
- Fragestellung oder Zielsetzung: Dies sollte konkret zu Ihren Ergebnissen passen (und sollte so präzise wie möglich formuliert sein)
- methodischer Ansatz: Wie wollten Sie die Frage beantworten bzw. das Ziel erreichen (keine Details, deswegen „Ansatz“)
- Ergebnisse: Nennen Sie die einzelnen Befunden und Experimente (in der richtigen Reihenfolge)
- Antwort auf Ihre Frage, die wichtigsten Schlussfolgerungen: Hier müssen Sie Farbe bekennen (was kam heraus?).
- Ausblick: Haben Sie Ideen für eine praktische Anwendung (optional)?
Kontrolle des Konzepts
Schreiben Sie zu jedem dieser Koordinaten jeweils einen Satz oder ein paar Sätze. Überprüfen Sie, ob die einzelnen Kernbotschaften zueinander passen. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:
- Bereitet der Hintergrund auf die Ergebnisse vor? Werden z.B. Moleküle kurz eingeführt und ist das übergeordenete Thema klar (im Bereich Life Science zum Beispiel die Indikation)?
- Ist die Fragestellung präzise und kann sie durch die Ergebnisse überhaupt beantwortet werden?
- Haben die Ergebnisse eine stimmige Reihenfolge?
- Bildet (1) die Antwort/Schlussfolgerung mit (2) den Ergebnissen und (3) der Frage/Zielsetzung einen 100%ig logischen Dreiklang?
Das Konzept entspricht dem Abstract und der Zusammenfassung
Vielleicht haben Sie es schon gemerkt: Hintergrund, Fragestellung, Methodik, Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind in einem Life-Science-Paper die Elemente des Abstracts und in einer Dissertation die Elemente der Zusammenfassung.
Wenn Sie also die Kernaussagen Ihres Konzepts zu einem stimmigen Fließtext (Abstract oder Zusammenfassung) kombinieren können, dann wissen jetzt, zu Beginn Ihres Schreibprojektes, dass Sie auf dem richtgen Weg sind. Denn die einzelnen Elemente passen zusammen und ergeben eine logische Story.
Vorteile, nach Konzept zu schreiben
Es gibt zahlreiche Vorteile, wenn Sie Ihr Schreibprojekt mit einem Konzept beginnen:
- Das Konzept ist das Miniaturabbild Ihres Life-Science-Textes. So können Sie früh kontrollieren, ob Sie auf dem richtigen Weg sind.
- Mithilfe des Konzepts können Sie die geplante Story bereits im Vorfeld mit Vorgesetzten und Co-Autoren besprechen – so vermeidet man umfangreiche Korrekturen am Ende und spart Zeit.
- Das Konzept hilft, ein Zieljournal auszuwählen (Konzept einfach bei einem Journal-Estimator im Internet eingeben).
Grundlage für die weiteren Arbeitsschritte
Sind Sie mit Ihrem Konzept zufrieden, können Sie die einzelnen Koordinaten direkt in Ihre Gliederung übertragen und können so sicherstellen, den roten Faden beizubehalten:
- Hintergrund an den Anfang der Einleitung
- Fragestellung an das Ende der Einleitung
- Reihenfolge der Ergebnisse (daraus ergibt sich oft die Reihenfolge der Methoden)
- Antwort an den Anfang und das Ende der Diskussion
- Den Ausblick an das Ende der Diskussion
Kein Nice-to-have
In einem Artikel für das Laborjournal habe ich das vor einigen Jahren dargestellt. Hier der Volltext zum Nachlesen: „Ein Plädoyer für den Abstract: Wie schreibt man einen guten Abstract?“ (Link zum Laborjournal).
Dr. Stefan Lang
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