Dr. Stefan Lang am 19. Dezember 2016
Stilsünde Sinnverdoppler beim wissenschaftlichen Schreiben
Wie erreicht man eine besonders klare Ausdrucksweise? Indem man alles weglässt, was nicht hundertprozentig notwendig ist. Der Absatz, der nichts zur Argumentation beiträgt, der Satz, der zwar schön klingt, aber inhaltlich nichts Neues bringt, und vor allem das Wort, das keine Information in sich trägt, sondern allein der Dekoration dient – all dies müssen wir entfernen, damit die reinen Fakten deutlich hervortreten können.
Das gilt 100%ig fürs wissenschaftliche Schreiben:
„Wahrheit ist nackt am schönsten.“
(Schopenhauer , Ueber Schriftstellerei und Stil. Erstausgabe Berlin, A. W. Hayn 1851)
Für unsere Wissenschaftstexte bedeutet dies, dass wir beim Schreiben alle Worte weglassen sollten, die nichts zum Inhalt der Doktorarbeit oder des Papers beisteuern. Und solche derart überflüssigen Wörter sind zum Beispiel Sinnverdoppler(Tautologie).
Sinnverdoppler (Tautologie) im Paper oder in der Doktorarbeit
Historische Beispiele für eine Tautologie sind der alte Greis und der weiße Schimmel.
In modernen Wissenschaftstexten wie etwa Doktorarbeiten liest man oft, dass das anschließend folgende Experiment zwingend notwendig war oder dass eine gemeinsame Kooperation statistisch signifikante Ergebnisse hervorbrachte.
Wir lesen, dass grün gefärbte Proben, bislang zwölf an der Zahl, laut zukünftiger Vorhersagen zunehmend häufiger auftreten werden.
Wie unterscheidet sich das anschließende vom folgenden Experiment und ist die Signifikanz nicht immer statistisch? Können die Proben nicht einfach grün sein (außer man hat tatsächlich Farbstoff hineingekippt) und bedeutet „zunehmend häufiger“ so etwas wie „exponentielles Wachstum“?
Nein, bei all diesen Beispielen wurde etwas doppelt gemoppelt. Wer das Thema vertiefen will: hier ein Link zu einem Artikel aus SPIEGEL Online: Zweifach doppelt gemoppelt (Bastian Stick, 2005).
- das anschließend folgende Experiment: das folgende Experiment
- die gemeinsame Kooperation brachte statistisch signifikante Ergebnisse hervor: die Kooperation brachte signifikante Ergebnisse hervor
- grün gefärbte Proben: grüne Proben
- zwölf an der Zahl: 12
Warum eine Stilsünde in Doktorarbeiten und Papern?
Klar, ein Text wird durch Sinnverdoppler unnötigerweise länger und wer mit dem maximal zulässigen Word Count seines Abstracts kämpft, sollte zuerst mal die Sinnverdoppler streichen.
Außerdem: Sie wirken oft ein wenig lächerlich, diese Sinnverdoppler, wenig professionell. Wer sich den Gutachtern und Lesern als Profi-Wissenschaftler präsentieren möchte, sollte darauf verzichten.
Aber warum sind Sinnverdoppler und andere rein dekorativen Wörter eine Stilsünde? Weil sie sich wie eine Staubschicht über die Fakten legen. Die Konturen gehen verloren, die nackte Wahrheit wird verschleiert.
Streichen Sie diese Dekorationen aus Ihrer Doktorarbeit oder Paper, Sie brauchen sie nicht.