Dr. Stefan Lang am 01. Oktober 2018
Optimale Verständlichkeit beim wissenschaftlichen Schreiben
Kategorie Kampagne für Verständlichkeit
Seit Menschen schreiben, beschäftigen sie sich mit der Verständlichkeit. Platon, der alte Grieche, setzte Dialoge als Stilmittel ein, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Im technischen 20. Jahrhundert versuchte man, die Verständlichkeit durch Lesbarkeits-Scores in den Griff zu kriegen. Heute gibt es Verständlichkeitsmodelle – wichtig für all die, die beim wissenschaftlichen Schreiben so richtig glänzen wollen.
Ein Verständlichkeitsmodell sagt uns, worauf wir beim wissenschaftlichen Schreiben achten müssen. Das Ziel: einen durchgängig gut verständlichen Text zu schreiben, trotz des komplizierten wissenschaftlichen Inhalts.
Ein Modell, das vier zentrale Aspekte der Verständlichkeit gut zusammenfasst, ist das Hamburger Verständlichkeitsmodell.[1] Entwickelt eigentlich für journalistische Texte gelten die vier Kriterien der Verständlichkeit genauso fürs wissenschaftliche Schreiben:
- Einfachheit
- Struktur
- Kürze
- Stimulation
Einfachheit
Das bezieht sich auf die Wortwahl. Da wir beim wissenschaftlichen Schreiben zahlreiche abstrakte Fachbegriffe, Zahlen und Abkürzungen benutzen müssen, sollte der Rest möglichst einfach sein.
Also keine lateinischen Fremdwörter, kein Fachjargon. Benutzen Sie Fachbegriffe (notwendig, weil präzise), aber vermeiden Sie Fremdwörter. „CD34+ humane Stammzellen“ ist ein notwendiger Fachbegriff. „Therapeutisches Armamentarium“ geht mit „verfügbaren Therapien“ auch einfacher.
Struktur
Struktur ist das A und O der Verständlichkeit. Der Aufbau des Textes muss logisch sein und die Argumentation nachvollziehbar. Das plant man am besten in einer detaillierten Gliederung.
Außerdem wichtig: die Struktur der Absätze. Absätze sollten eine innere Struktur besitzen, damit der Leser besonders komplexe Inhalte leicht verstehen kann.
Kürze
Das gilt vor allem für Sätze. Bereits zwei bis drei Satzmonster an den entscheidenden Stellen einer Doktorarbeit können die ganze Verständlichkeit zunichte machen, weil Ihnen Leser und Leserin unter Umständen entgleiten.
Gilt aber auch für den gesamten Text. Denn behandelt z.B. Ihre Einleitung überflüssige Aspekte, die vom Kern Ihrer Fragestellung ablenken, dann leidet auch dadurch die Verständlichkeit.
Stimulation
Die Aufmerksamkeit des Lesers stimulieren, kann man durch klare und übersichtliche Abbildungen und Tabellen. Außerdem: Satzzeichen. Wer nicht nur Punkt und Komma benutzt, sondern auch einmal einen Gedankenstrich einfließen lässt, setzt kleine Highlights in seinem Text.
Stimulierend für Leser und Leserin ist außerdem jede Art der Wiedererkennung. Das Wording von Fragestellung und Schlussfolgerung sollte sehr ähnlich sein, damit man die starke inhaltliche Verbindung auch optisch gleich erkennt. Und wenn der Titel einer Abbildung das wiederholt, was man auf der Abbildung erkennt (z.B. „Erhöhung“ im Titel bei ansteigenden Balken), stimuliert auch das die Aufmerksamkeit.
Fazit: mehr Verständlichkeit beim wissenschaftlichen Schreiben
Verständlichkeit ist oberstes Ziel beim wissenschaftlichen Schreiben. Einfache Maßnahmen reichen aus, eine optimale Verständlichkeit zu erreichen.
[1] Langer I, Schulz von Thun F, Tausch R. 1974. Verständlichkeit in Schule, Verwaltung, Politik, Wissenschaft. München/Basel: Reinhardt.
Dr. Stefan Lang
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