Dr. Stefan Lang am 27. November 2017
Show, don’t tell beim wissenschaftlichen Schreiben
Noch nie etwas gehört von der Schreibregel „Show, don’t tell“? Das liegt daran, dass Sie keine fesselnden Kurzgeschichten oder tiefgründige Romane verfassen, sondern trockene Wissenschaftstexte. Dabei müssen Wissenschaftstexte überhaupt nicht trocken und langweilig sein. Nicht, wenn man etwas „zeigt“ oder „beschreibt“, aber nicht nur „berichtet“ – show, don’t tell.
Show, don’t tell im Roman oder in der Kurzgeschichte
Autoren und Autorinnen von Kurzgeschichten und Romanen wissen es: Damit Texte vom Leser möglichst gut, also emotional aufgenommen werden können, darf man nicht nur berichten, was passiert. Man muss es beschreiben: Show, don’t tell.
Wenn man also zum Beispiel berichtet, dass jemand Angst hat, dann ist das nicht sehr intensiv. Beschreibt man dagegen, was derjenige tut, dann schon:
- Tell:
„Sie war eine ängstliche Frau.“ - Show:
„Mehrmals täglich kontrollierte sie Türen und Fenster, denn sie fürchtete, die Dinge, von denen sie jeden Tag in der Zeitung las, könnten ihr passieren.“ (H. Mankell)
Show, don’t tell in Paper oder Doktorarbeit: Zeigen Sie, was die Zahlen bedeuten
So weit, so gut – aber was bringt uns das Ganze nun beim wissenschaftlichen Schreiben? Eine ganze Menge: Wenn Daten und Studienergebnisse einfach nur berichtet werden, ist das auch für den Leser eines Research Papers oder einer Doktorarbeit wenig eindrucksvoll. Spannend werden Forschungsergebnisse erst, wenn man beschreibt, was sie bedeuten.
Beispiel 1: Wissenschaftliches Schreiben Doktorarbeit
- Tell
Von den 261 Drug X behandelten Patienten hatten 96 Infektionen und 18 eine periphere Neuropathie. Von den 245 Drug Y behandelten Patienten hatten 127 Infektionen und 73 eine periphere Neuropathie. - Show
Drug X wurde besser als Drug Y vertragen, da weniger Infektionen (96 vs. 127) und weniger periphere Neuropathien (18 vs. 73) auftraten.
Beispiel 2: Forschungsergebnisse in einem Paper
- Tell
Die Häufigkeit unerwünschter Nebenwirkungen betrug bei Megacontrast 7,9%. Wurde ein herkömmliches Kontrastmittel eingesetzt, betrug die Häufigkeit 23,7%. - Show
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Kontrastmittel reduzierte Megacontrast die Häufigkeit unerwünschter Nebenwirkungen von 23,7% auf 7,9%. - Show plus
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Kontrastmittel reduzierte Megacontrast die Häufigkeit unerwünschter Nebenwirkungen um den Faktor 3 (23,7% vs. 7,9%).
Fazit
Die „Show“-Variante arbeitet mit anschaulichen Verben, die „Tell“-Variante dagegen mit eher abstrakten und trockenen.
Erst durch den Vergleich der Zahlen werden aus Daten spannende Forschungsergebnissen