Dr. Stefan Lang am 10. Oktober 2024

Sechzig Paper publizieren – pro Jahr?


Kategorie Schreib- und Publikationsprozess

Als Doktorand oder Doktorandin ist man froh, nach Monaten intensiver Forschung endlich ein Research Paper (Originalartikel) publiziert zu bekommen, oder nach Wochen der Literatur-Recherche und -Auswertung einen Review (Übersichtsartikel). Ist man in Forscherkreisen gut vernetzt, kommt über die Kooperationsprojekte noch die ein oder andere Autorenschaft dazu. Aber, bitte, wie soll es möglich sein, in einem Jahr sechzig Artikel zu publizieren?

Es gibt sie, solche extrem produktiven Autoren und Autorinnen. Definiert man „extrem produktiv“ als mehr als 60 Artikel pro Jahr (Originalartikel, Reviews, Kongress-Papers), sind es weltweit sogar einige Tausend: zwischen 2000 und 2022 mehr als 12.000 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Bereich Physik und mehr als 3.000 in anderen Disziplinen. Darunter war mit 678 die klinische Forschung führend (Ioannidis JPA et al., Scientometrics, 2024). Der Trend ist eindeutig, denn die Zahl der ‘extremely productive’ authors hat sich innerhalb weniger Jahre vervierfacht (Conroy G, Nature, 2024).

Sechzig Publikationen pro Jahr: Kann das gehen?

Sechzig Artikel pro Jahr sind schon sehr sportlich, denn das ist ein Artikel alle sechs Tage. Wie kann das gehen? Mit harter Arbeit und ehrlicher Forschung ist das kaum möglich, auch wenn es Supertalente geben mag, die das schaffen.

Manuksript-Produktion für wissenschaftliche Veröffentlichungen am Fließband (paper mills).

Doch in den meisten Fällen liegt diesem Phänomen zumindest ein zu laxer Umgang mit der Richtlinien der Autorenschaft der Journals zugrunde, in einigen Fällen wahrscheinlich auch Betrug durch sogenannte Paper-Fabriken (‚paper mills‘). Diese werden dafür bezahlt, gefälschte Manuskripte zu produzieren.

Alarmsignal

Ein so astronomisch hoher Publikationsoutput (>60/Jahr) sollte für Journals und Sponsoren also zumindest ein Alarmsignal sein. Es wäre sinnvoll ungewöhnliche Publikationsmuster einzelner Wissenschaftler, Team oder Institutionen mithilfe einer zentralisierten Datenbank zu überwachen.

Quellen

  • Ioannidis, J.P.A., Collins, T.A. & Baas, J. Evolving patterns of extreme publishing behavior across science. Scientometrics (2024). https://doi.org/10.1007/s11192-024-05117-w
  • Conroy G. Surge in number of ‚extremely productive‘ authors concerns scientists. Nature (2024). doi: 10.1038/d41586-023-03865-y.