Dr. Stefan Lang am 10. Juli 2017
Darf / soll man im Ergebnisteil eines Fachartikels ‚interpretieren‘?
Im Ergebnisteil eines wissenschaftlichen Fachartikels zeigt man Daten: Primärdaten wie mikroskopische Aufnahmen und Messergebnisse oder in Diagrammen oder Tabellen zusammengefasste Daten. Eines darf man dabei jedoch nicht vergessen, nämlich Leser und Leserin zu sagen, was diese Daten bedeuten.
Es gibt einen alten Mythos: „In den Ergebnisteil eines Fachartikels gehören Daten – Interpretationen dagegen in die Discussion.“ Dieser Mythos ist falsch, denn selbstverständlich sollte man im Ergebnisteil seine Daten auswerten und interpretieren. Wie sollten die Experimente des Ergebnisteils sonst die Fragestellung des Fachartikels beantworten können, wenn man nicht sagt, was das Ganze bedeutet?
Daten im Ergebnisteil sprechen nicht immer für sich selbst
Im Ergebnisteil eines Fachartikels genügt es nicht, die reinen Daten zu zeigen. Ein Mindestmaß an Interpretation ist nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Denn meist sprechen die Daten eben nicht für sich selbst.
Beispiel: Sind 19 Prozent viel oder wenig?
Wenn Sie zum Beispiel in Ihrem Fachartikel sagen, dass während einer Studie ein bestimmtes Phänomen in 19 % der Fälle auftrat, dann ist das zunächst nur eine bedeutungslose Zahl – man weiß nicht, ob sie verhältnismäßig hoch oder klein ist. Geben Sie Ihren Lesern Ihre Einschätzung!
- Halten Sie die 19 % für hoch, dann schreiben Sie z.B. „occurred frequently (19%)“. Vielleicht wollen sie auch betonen, dass 19 % mehr waren, als Sie erwartet hatten („higher than expected“). Vielleicht lagen diese 19 % sehr nahe an einem kritischen Schwellenwert von 20%: „nearly 20%.“
- Halten Sie diesen Wert jedoch für klein, dann schreiben Sie „occurred occasionally (19%)“ oder „in only 19% of cases“. Die 19 % waren vielleicht auch „lower than predicted“ oder nah an einem unteren Schwellenwert: „close to 18%“.
Beispiel: 19 Prozent im Vergleich
Gerade auch bei längeren Messreihen möchte der Leser Ihre Einschätzung lesen. Wurden die 19 % z.B. bei der höchsten Dosis eines Wirkstoffes gemessen, kommt es natürlich auf die Ergebnisse der anderen Dosen an. War es ein „increase“ oder ein „decrease“?
- the drug dose-dependently increased the percentage of phosporylated XY to 19%.
- the drug dose-dependently decreased the percentage of phosporylated XY to 19%.
Der Unterschied zur Interpretation in der Diskussion
Im Ergebnisteil nennen wir Daten (19%) und machen durch unsere Interpretation daraus ein Ergebnis (z. B. higher than expected). Erst in der Diskussion jedoch wird das Ergebnis in den größeren wissenschaftlichen Kontext eingeordnet und bewertet: „Das oben genannte Phänomen trat häufiger auf als erwartet, weil die untersuchte Population im Gegensatz zu anderen Studien67-69 älter war.“
Selbstverständlich gehören auch alle weiterführenden Interpretationen zu möglichen praktischen Anwendungen der Ergebnisse ausschließlich in die Diskussion: „Da der Wirkstoff den Anteil phosphorylierter XY-Proteine senken kann, sollte er für die Therapie eingesetzt werden.“
Fazit
Im Ergebnisteil eines Fachartikels müssen wir den Lesern mitteilen, was die Daten bedeuten. In der Diskussion können wir was man aus seinen Daten machen kann.