Dr. Stefan Lang am 28. September 2017

New oder Novel im Wissenschaftsartikel: Da Ya Think I’m Sexy?


Kategorie Scientific English

Man könnte fast glauben, „new methods“ oder „new therapies“ klinge langweiliger als „novel methods“ und „novel therapies“. Denn wenn Autoren und Autorinnen die Wahl haben, entscheiden sie sich zunehnmend für „novel“.

Zwischen 1975 und 2010 ist die Verwendung von „novel“ in den Abstracts und Titeln von englischen Wissenschaftsartikeln (Originalartikel) laut einer Untersuchung von NW Goodman[1] 18-fach gestiegen (European Science Editing). Aber bedeuted“novel” etwas anderes als “new”? Ja, schon, ein wenig: Laut Definition des Oxford Dictionary bedeuted “novel” etwas Neues, Interessantes und vielleicht auch Ungewöhnliches – es geht also etwas über „new“ hinaus, das eben einfach nur „neu“ bedeutet.

Wie neu ist novel in Wissenschaftsartikeln?

Die Frage ist jetzt natürlich, ob all die Methoden, Therapien und Erkenntnisse, die in englischsprachigen Wissenschaftsartikeln, also in den Originalartikeln (Paper), Übersichtsarbeiten und Forschungsanträgen, als „novel“ bezeichnet werden, tatsächlich auch interessant oder ungewöhnlich sind.

  • Wird im Titel eines Originalartikels eine „novel class of substances“ angekündigt, dann sollte diese bisher auch wirklich unveröffentlicht sein.
  • Schreibt der Autor oder die Autorin eines englischen Wissenschaftartikels von „a novel clinical treatment method“, dann sollte diese nicht bereits seit 6 Monaten in der klinischen Routine angewandt werden – sonst wirkt das etwas lächerlich.
  • Wenn Substanzklassen schon lange bekannt sind oder Behandlungsmethoden schon lange in der Klinik eingesetzt werden, fragt man sich natürlich, ob „new“ im Titel des Originalartikels dann so viel besser ist.

Stay positive im Research Paper

Holländische Wissenschaftler[2] haben festgestellt, dass – ganz allgemein – die Verwendung von extrem positiv-klingenden Wörtern in Titeln und Abstracts von Wissenschaftsartikeln (’novel’, ‘amazing’, ‘innovative’ and ‘unprecedented’) zwischen 1974 und 2014 gut 9-fach zugenommen hat (Use of positive and negative words in scientific PubMed abstracts).

Man fragt sich: Gibt es denn in den Originalartikeln und Übersichtsarbeiten nur noch bahnbrechende und „sexy“ Entdeckungen, aber keine vernünftige und solide Forschung mehr?

Marketing-Sprech in wissenschaftlichen Artikeln?

Klar, von der Werbung sind wir ständiges Übertreiben und sprachliche Überdrehtheit gewohnt – aufgrund des allgemeinen Publikationsdrucks infiltriert der Marketing-Sprech nun zunehmend auch die Wissenschaftsartikel, die Paper und Übersichtsarbeiten.

Übertrieben positive Worte in Wissenschaftsartikeln

Werden die Übertreibungsworte jedoch inflationär benutzt, verlieren sie zwangsläufig ihre Wirkung – wenn alles „amazing“ ist, regt uns irgendwann nichts mehr auf.

Doch was passiert dabei mit der Wissenschaftssprache? Dann dienen die ‚Scientific Words’ nicht mehr dazu, Inhalte zu transportieren, sondern zu verkaufen. Und das kann nicht das sein, was wir wollen.

[1] Goodman NW. The increasing pseudodignification of medical prose. Eur Sci Ed. 2015;41:31-5. [2] Vinkers C, Tijdink JK, Otte WM. Use of positive and negative words in scientific PubMed abstracts between 1974 and 2014: retrospective analysis. BMJ. 2015;(14):351:h6467.)

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Dr. Stefan Lang

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