Dr. Stefan Lang am 21. Dezember 2022

Wortwahl und Schreibstil in der medizinischen Doktorarbeit


Kategorie Stilfragen

Was ist die richtige Wortwahl in einer medizinischen Doktorarbeit, welche Worte sollte man benutzen und welche besser weglassen? Klar ist, dass die Sprache in einer Doktorarbeit etwas anderes ist als unsere Alltagssprache. Klar ist aber auch, dass die Wissenschaftssprache keine Geheimsprache ist, die man erst lernen muss.

Wissenschaftsworte sollten präzise und verständlich sein. Darüber hinaus müssen sie aber auch notwendig und keinesfalls überflüssig sein. Und gerade in der medizinischen Doktorarbeit sollte die Sprache auch human sein. Was das alles für den Schreibstil bedeutet, erkläre ich in diesem Video.

Präzise Wortwahl

Fachbegriffe

Wir arbeiten in einer präzisen Wissenschaft und benötigen daher präzise Worte. Das sind die Fachbegriffe. Wir brauchen sie unbedingt. Eine „Nierenerkrankung“ wäre schon fast lachhaft ungenau. „Glomerulophritis“ ist schon besser und gegebenenfalls müssen wir zwischen der membranösen, der postinfektiösen oder der mesangioproliferativen Glomerulonephritis unterscheiden.

Auch der Begriff humane Stammzellen ist zu ungenau, wenn wir mit einem spezifischen Zelltyp gearbeitet haben, etwa den CD34+ humanen Stammzellen. Wenn wir uns für einen Fachbegriff entschieden haben, sollten wir dabei bleiben und nicht zwischen zwischen CD34+ humanen Stammzellen, humanen Vorläuferzellen oder hämtopetischen Vorläufern variieren. Denn dann würde sich der Leser fragen, ob Sie mit nur einem oder verschiedenen Zelltypen gearbeitet haben.

Fachbegriffe müssen also unbedingt sein. Man sollte sie einheitlich verwenden.

Zahlenworte

Selbstverständlich müssen wir in einer präzisen Wissenschaft immer die exakten Messwerte und Zahlen nennen. Im Methodenteil wäre es z.B. viel zu ungenau, zu schreiben „die Zellen wurden für mehrere Stunden inkubiert“. Besser: „Die Zellen wurden für 6 Stunden inkubiert“ oder zumindest „wurden übernacht inkubiert“.

Seien Sie also immer vorsichtig mit ungenauen Zahlenwörtern wie „viele, wenige, mehrere oder einige“. Denn diese Worte deuten darauf hin, dass man sich genauer ausdrücken kann. Übrigens kann man solche Worte auch gut mit der Suchfunktion von Word identifizieren. Verboten sind diese ungenauen Zahlenworte jedoch nicht. Wenn Sie etwa schreiben „mehrere Studien haben gezeigt dass“, dann spielt es vielleicht einfach keine Rolle, ob es 3, 5 oder 7 Studien waren.

Prüfen Sie bei Zahlenworten, ob Sie sich genauer ausdrücken können.

Verständliche Worte

Fremdwörter

An den vielen Fachbegriffen und Zahlen liegt es, dass Wissenschaftstexte in der Medizin so schwer zu lesen sind. Sie fordern die komplette Aufmerksamkeit des Lesers. Daher sollten wir alles weglassen, was die Auffassungsgabe des Lesers zusätzlich fordert und unnötigerweise überstrapaziert.

Aufpassen sollten man daher bei Fremdwörtern, deren Bedeutung man sich erst einmal intellektuell erarbeiten muss. Eine methodische Novität … ist einfach eine neue Methode. Und das therapeutische Armamentarium sind einfach die Therapien, die zur Verfügung stehen.

Abgesehen von den Fachbegriffen sollten alle anderen Worte einfach und leicht verständlich sein.

Jargon

Welche unpräzisen oder schwer verständlichen Formulierungen sollten wir noch weglassen? Alle Formulierungen aus dem Bereich Jargon. Oftmals benutzen wir in der Klinik oder im Labor eine Wortwahl, die ausschließlich die Leute verstehen, mit denen wir direkt zusammenarbeiten.

Außerdem ist der Jargon meist viel zu ungenau und daher unwissenschaftlich. Jargon: Die Proben wurden gefällt und die Eppis anschließend weggefroren. So reden wir im Labor und das ist auch in Ordnung. In der Doktorarbeit schreiben wir jedoch: Die DNA wurde aus den Proben gefällt und dann bei -20ºC gelagert.

Jargon ist generell zu vermeiden.

Wortwahl: nur Notwendiges

Unsere Wortwahl sollte präzise, verständlich, aber auch notwendig sein.

  • Die Eigenschaften dieses Proteins sind hinlänglich bekannt. Die Eigenschaften eines Proteins sind entweder bekannt oder unbekannt. Punkt.
  • Der Nachweis dieses Proteins kann zuweilen schwierig sein. Die Möglichkeit, dass es schwierig ist, wird bereits durch das „kann“ ausgedrückt. Das „zuweilen“ ist überflüssig.
  • Letztlich gelang eine 3-fache Anreicherung des Proteins. Das Protein konnte 3-fach angereichert werden. Punkt. Das ist völlig ausreichend.

Rein dekorative Wörter sollte man weglassen.

Humaner Schreibstil

Die Wissenschaftssprache ist also eine äußerst nüchterne Sprache. Gerade deshalb ist es in der Medizin sos wichtig, dass unser Schreibstil trotz aller Objektivität und Nüchternheit auch human bleibt. So sollte eine Person nicht einfach auf seine Erkrankung reduziert werden. Wir schrieben also nicht von einer Asthmatikerin, sondern von einer Patientin mit Asthma bronchiale.

Wissenschaftssprache sollte bei aller Objektivität und Nüchternheit auch human bleiben.

Ein letzter Tipp für den Schreibstil

In einer medizinischen Doktorarbeit sollte der Schreibstil nüchtern sein. Versuchen Sie nie, besonders wissenschaftlich klingen zu wollen.

Versuchen Sie niemals, besonders wissenschaftlich zu „klingen“, denn wissenschaftlich wird Ihr Text durch den Inhalt. Beschreiben Sie die medizinischen Zusammenhänge mit präzisen Fachbegriffen, aber lassen Sie alles weg, was den Leser oder die Leserin überfordern könnte.

Was dann dabei herausrauskommt, ist einen nüchterner, aber auch ein sehr klarer Schreibstil.

Klare Texte kommen in der Medizin am besten an.

Dr. Stefan Lang

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