Dr. Stefan Lang am 09. Juni 2017
Synonymitis killt die Verständlichkeit Ihrer Doktorarbeit
Kategorie Kampagne für Verständlichkeit
Die Deutschlehrer sind schuld, ja die Deutschlehrer. Denn sie haben uns eingebläut: „Eine Wortwiederholung ist böse!“ Dafür gab es dann das rote „W“ am Rand. Doch das Gegenteil ist schlimmer: Synonymitis!
Warum eigentlich sollte eine Wortwiederholung böse und so richtig evil sein? Keine Ahnung. Wahrscheinlich wurde diese Regel für den Deutschunterricht aufgestellt, um die Schüler zu ermuntern, möglichst viele verschiedene Begriffe zu verwenden – um so den Wortschatz zu erweitern. Ok, geschenkt. Hat vielleicht funktioniert.
Nicht die Wortwiederholung, sondern die Synonymitis sollte man vermeiden
Warum wir in der Doktorarbeit Wörter wiederholen müssen
Manchmal müssen wir als wissenschaftliche Autoren und Autorinnen Wörter wiederholen. Ganz recht: Wir müssen. Und zwar gilt das für alle Fachbegriffe, die Key-Words.
Denn nur, wenn wir einheitliche Fachbegriffe benutzen, müssen sich Leser und Leserin keine Gedanken mehr über die Bedeutung einzelner Begriffe kmachen und können sich ganz auf die wissenschaftlichen Zusammenhänge konzentrieren.
Daher verwenden wir zum Beispiel für den einen bestimmten Zelltyp, mit dem wir gearbeitet haben, einen einheitlichen Fachbegriff: z.B. „CD34+ humane Stammzellen“. Würden wir variieren und einmal „Vorläuferzellen“ mit/ohne „CD34+“ schreiben, würden manche Leser verschiedene Zelltypen vermuten.
Warum wir Key-Words in der Doktorarbeit nicht variieren dürfen
Die Synonymitis ist genau das Gegenteil der Wortwiederholung, nämlich das ständige Variieren der Wortwahl.
Autoren und Autorinnen, die an Synonymitis leiden, versuchen in ihrer Doktorarbeit immer wieder für eine bestimmte Sache unterschiedliche Begriffe zu finden. Das kann die Verständlichkeit eines Textes stark beeinträchtigen.
Denn: Der Leser erwartet bei einem neuen Begriff intuitiv auch eine neue, andere Sache. Er muss also bei jedem neuen Begriff erst einmal nachvollziehen, dass der Autor oder die Autorin das Gleiche meinte.
Der Leser erwartet bei jedem neuen Wort intuitiv auch eine neue Sache.
Natürlich dürfen Sie Verben, Adjektive und sonstige Worte nach Herzenslust variieren – nur die wissenschaftlichen Schlüsselbegriffe müssen einheitlich bleiben.
Zum Abschluss ein Beispiel
Das folgende Beispiel stammt aus verschiedenen Abschnitten eines einzigen Papers – es ging um ein bestimmtes entzündungshemmendes Medikament. Die Autoren benutzten dafür sieben Synonyme:
Was passiert beim Leser? Beim ersten Synonym anti-inflammation compound ist es nur ein leichtes Stirnrunzeln, denn er ist sich nur ein klein wenig unsicher, ob sich dieser Begriff auch auf das gleiche Medikament bezieht. Bei den nächsten Synonymen compound with anti-inflammatory activity bzw. properties fängt er vielleicht schon an, sich irritiert am Kopf zu kratzen. Und bei inflammation-preventing compound ist er überzeugt, den Text nicht richtig zu verstehen. Vermeidbar! Die Autoren hätten einfach ein einheitliches Key-Word wie anti-inflammatory compound benutzen müssen.
Keine Variationen im wissenschaftlichen Schreiben – haben Sie einmal einen treffenden Schlüsselbegriff gefunden, dann bleiben Sie dabei.
Es gibt keinen Grund, für ein Key-Word ein Synonym zu suchen. Das gilt für wissenschaftliche Poster, Research Paper, Doktorarbeiten und Forschungsanträge.