Dr. Stefan Lang am 24. Juli 2017

Satzlänge: Verständlichkeitskiller in Wissenschaftstexten


Kategorie Kampagne für Verständlichkeit

Wer im Medizin-Bereich unterwegs ist, weiß, wie viel Arbeit in einem wissenschaftlichen Text steckt, egal ob Doktorarbeit, Forschungsantrag, Paper oder Review. Man sollte annehmen, dass die Autoren und Autorinnen daher alles daran setzen, ihre Leser zu überzeugen – mit verständlichen Texten.

Verständlichkeit in situ

Die Realität sieht anders aus. Oft verhindert die pure Satzlänge, dass Leser die Bedeutung eines Satzes auf Anhieb erfassen. Die Satzlänge gehört zu den häufigsten Verständlichkeitskillern in Doktorarbeit, Forschungsantrag, Paper oder Review – aber auch zu denen, die man sehr, sehr leicht vermeiden kann.

Verständlichkeit – im Original und optimiert

Original

Aufgrund der Stärke des Effektes von Ponatinib hinsichtlich des hämatologischen, zytogenetischen und molekularen Ansprechens als prädiktive Faktoren des Gesamtüberlebens sowie der überwiegenden Konsistenz der Ergebnisse über die Subgruppen hinweg, der Plausibilität der Ergebnisse und des positiven Risiko-Nutzen-Verhältnisses, lässt sich aus der hier beschriebenen Studie AP24534-10-201 ein Nutzenbeleg auf Basis einer unkontrollierten Studie ableiten. [Dossier zur Nutzenbewertung Ponatinib – Modul 1 (2013)]

Man muss nun echt kein Sprachprofi sein, um zu erkennen, dass 53 Wörter für einen Satz zu viel sind – viel zu viel, um die zentrale Botschaft noch zu erkennen: Aus der Studie AP24534 lässt sich ein Nutzenbeleg ableiten. Diese wichtige Aussage wurde am Ende dieses Satzmonsters versteckt.

Optimierungsschritt 1: Die wichtigste Aussage eines Absatzes verdient einen eigenen Hauptsatz. Diesen sollte man möglichst zu Beginn des Absatzes platzieren.

Sieht man sich den Absatz genau an, stellt man fest, dass es handfeste Gründe für diesen Nutzenbeleg gibt: Effektstärke, Konsistenz und Plausibilität der Ergebnisse, Risiko-Nutzenverhältnis. Auch diese Gründe sind so bedeutsam, dass sie jeweils einen eigenen Satz verdienen.

Optimierungsschritt 2: Jede wichtige Information verdient ihren eigen Satz.

Leser und Leserin sind bei komplexen Inhalten für jede Orientierungshilfe dankbar. Ordnung im Absatz ist also gefragt. Führen wir also zu Beginn ein Ordnungskrtierium ein: Aus vier Gründen lässt sich aus der Studie AP24534-10-201 ein Nutzenbeleg ableiten.

Wichtig: Dieses Ordnungskriterium „4“ sollte nun im Absatz immer wieder aufgegriffen werden, damit Leser und Leserin zu jedem Augenblick wissen, wo sie gerade stehen.

Optimierungsschritt 3: Führen Sie zu Beginn des Absatzes ein Ordnungskriterium ein und platzieren Sie dieses Ordnungskritierium dann jeweils am Satzanfang.

Optimiert

Nach diesen Optimierungsschritten haben wir nun diesen Text:

Aus vier Gründen lässt sich aus der hier beschriebenen Studie AP24534-10-201 ein Nutzenbeleg auf Basis einer unkontrollierten Studie ableiten. Der erste Grund beruht auf der Stärke des Effektes von Ponatinib hinsichtlich des hämatologischen, zytogenetischen und molekularen Ansprechens als prädiktive Faktoren des Gesamtüberlebens. Der zweite Grund resultiert aus der überwiegenden Konsistenz der Ergebnisse über die Subgruppen hinweg. Als dritten Grund werten wir der Plausibilität der Ergebnisse und als vierten Grund schließlich das positive Risiko-Nutzen-Verhältnis.

Fazit

Es sind nur oft wenige Überarbeitungsschritte notwendig, um aus einem schwer verständlichen einen leicht lesbaren Absatz zu machen.