Dr. Stefan Lang am 11. Oktober 2019

Doktorarbeit schreiben: Wie gut sind die Tipps vom Prof?


Kategorie Schreib- und Publikationsprozess

Wenn es an das Schreiben der Doktorarbeit geht, sollte man natürlich seine Daten und die wissenschaftlichen Zusammenhänge mit Doktorvater oder Doktormutter besprechen. In solchen Gesprächen kommt das Thema dann irgendwann auch auf so profan-praktische Aspekte wie Schreibprozess oder Schreibstil. Doch Vorsicht – nicht immer ist ein medizinischer Fachmann auch ein Fachmann fürs wissenschaftliche Schreiben. Hier eine Liste mit Tipps, die zwar gutgemeint, aber wenig hilfreich sind.

Ok, Doktorvater und Doktormutter meinen es nur gut, wenn sie Tipps zur Literaturverwaltungssoftware oder zum Schreibstil geben. Doch manchmal geben sie nur das weiter, was sie sich selbst, autodidaktisch, angeeignet und angewöhnt haben – und das ist nicht immer die effektivste Arbeitsweise.

Hier eine Liste von Tipps, die man unbedingt hinterfragen sollte.

„Literaturverwaltungssoftware – funktioniert doch nicht!“

Tatsächlich – neulich arbeitete ich mit einer Professorin zusammen, die mich allen Ernstes bat, das Literaturverzeichnis einer Publikation per Hand zu erstellen. Ihr Argument: Die Literaturverwaltungssoftware arbeite unzuverlässig und fabriziere zu viele Fehler.

Arme Doktoranden und Doktorandinnen, die ihre Ratschläge beim Zitieren vielleicht befolgen müssen. Denn das Gegenteil ist der Fall. Klar sollte man sehen, ob die Software alles richtig gemacht hat, und das Literaturverzeichnis am Ende kontrollieren. Dann stimmt auch alles. Versucht man aber ein Literaturverzeichnis manuell zu erstellen und die Zitate per Hand in den Text einzufügen, geht das 100%-ig schief. Fehler sind dann vorprogrammiert.

Technische Hilfsmittel sollte man einsetzen, auch wenn der Prof oder die Professorin sie nicht mag.

„Die Einleitung darf nur eine Seite lang sein.“

Die Tipps von Professorinnen und Professoren für ihre Promovierenden in der Medizin

Vorsicht mit solchen Pauschal-Aussagen. Sie sind meistens Quatsch. Hier ging es um einen medizinischen Originalartikel zur Herzinsuffizienz und einer der Ko-Autoren meinte, alles, was eine Seite übersteigt, wäre für die Introduction zu lang. Ok, man sollte sich beim wissenschaftlichen Schreiben generell kurzfassen, aber ob eine Seite für die Introduction genügt? Manchmal vielleicht.

So pauschal kann man das natürlich nicht sagen – denn es hängt ja immer noch vom Inhalt ab, von seiner Komplexität, wie viele Seiten man braucht, um alles vernünftig zu erklären. Also Vorsicht bei pauschalen Längenangaben.

Man sollte immer einen vernünftigen und verständlichen Text schreiben – egal, wie kurz oder lang er wird. Wenn der Text Doktorvater oder -mutter anschließend nicht gefällt, liegt es meistens nicht an der Kürze oder Länge des Textes.

„Wir benutzen hier die alte Rechtschreibung.“

Echt, jetzt? Wenn Doktormutter oder Doktorvater so etwas verlangt (hat mir neulich eine Workshop-Teilnehmerin erzählt), sollte man auf die aktuelle Promotionsordnung verweisen – und hart bleiben.

Denn man schreibt nicht nur für Doktorvater und Doktormutter, sondern für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus dem ganzen Land – und auch für potenzielle Arbeitgeber, bei denen man sich nach Abschluss der Promotion bewerben möchte.

Immer die aktuellen Gepflogenheiten des Scientific Writing sowie die gängigen Rechtschreibregeln berücksichtigen. Das kann man auch gut begründen. Hart bleiben, wenn Doktorvater oder -mutter etwas anderes möchte.

„Der Text muss nach Wissenschaft klingen.“

So sagen das die Doktormütter und -väter zwar nicht direkt, aber viele Promovierende übernehmen in vorauseilendem Gehorsam den Schreibstil, den sie aus den Skripten und Büchern ihrer Profs kennen. Diesen Stil halten sie für „wissenschaftlich“ – ist er aber oft nicht.

Was ist der Wissenschaftsstil? Die Sprache der Wissenschaft sollte präzise, prägnant und vor allem verständlich sein. Deswegen ist gerade der Stil der alten Skripte und Lehrbücher fehl am Platz – mit den vielen Schachtelsätzen, Nominalisierungen, passiven Formulierungen, lateinischen Fremdwörtern etc. ist dieser alte Stil oft alles andere als verständlich.

Heute schreibt man anders: Leicht muss die Sprache sein, um den Leser angesichts der schweren Inhalte nicht zu überfordern. Auch Doktorvätern und -mütter wissen eine prägnante und verständliche Sprache zu schätzen.

Dr. Stefan Lang

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