Dr. Stefan Lang am 09. Januar 2018

Wissenschaftliches Publizieren in definierten Schreibphasen


Kategorie Schreib- und Publikationsprozess

Ein Haus bauen, die Welt bereisen oder eine wissenschaftliche Arbeit publizieren – das klappt am besten, indem man nicht einfach loslegt, sondern sein Projekt plant und in definierten Phasen und Arbeitsschritten bearbeitet.

Bei großen Projekten sollten wir von Beginn an das große Ganze im Blick behalten: Man kann kein Haus bauen, indem man einfach Wände hochzieht und sich anschließend überlegt, wo Türen und Fenster sein sollen. Und man kann nicht auf Reisen gehen, ohne zumindest sein Ziel festzulegen.

Tja, und das gilt auch für die wissenschaftliche Publikation, also für ein Research Paper, die Doktorarbeit oder das wissenschaftliche Poster.

Zur wissenschaftlichen Publikation in vier Schreibphasen

Schreibphase 1: Das Konzept und die Eckpunkte einer Publikation

Ohne ein Ziel schreibt man etwa so ungerichtet wie die Brownsche Molekularbewegung und man muss hinterher sein Manuskript mühevoll umschreiben, um etwas publikationswürdiges zu erhalten.

Das „Ziel“ einer wissenschaftlichen Arbeit wird durch die folgenden Koordinaten definiert (lesen Sie hierzu auch: „Nicht ohne Konzept„):

  • Hintergrund: Um was geht es in der Arbeit?
  • Fragestellung: oft als Hypothese formuliert (we therefore asked if)
  • Methodik: experimenteller Ansatz (to test this hypothesis we…)
  • Ergebnisse: je 1 Satz zu den wichtigsten Ergebnissen (We found…)
  • Antwort: die Fragestellung prägnant beantwortet (These results indicate…)
  • Ausblick: Zu was ist das Ganze gut?

Vier definierte Schreibphasen führen zu einem wissenschaftlichen Manuskript.Schreibphase 2: Das Outline der Publikation und die wissenschaftliche Argumentation

Viele Autoren verstehen unter einer Gliederung nur eine Sammlung von Stichpunkten, die den ungefähren Inhalt der Publikation umreißen.

Davon will ich das Outline abgrenzen, denn hier schreibt man stellvertretend für jeden Absatz einen vollständigen Satz, der den Inhalt festlegt. Zusätzlich kann man sich Stichpunkte und Referenzen notieren und Abbildungen und Tabellen entwerfen.

Schreibphase 3: Die Rohfassung der Publikation absatzweise schreiben

Ausgehend vom Gerüst des Outlines wird die Rohfassung geschrieben. Da das Outline bereits viele Details enthält, muss man nicht ins Blaue hinein formulieren, sondern kann seinen Text absatzweise und am Stück verfassen.

Schreibphase 4: Überarbeitung und Feinschliff der Publikation

Die Rohfassung steht. Nun kümmern wir uns um stilistische und formale Dinge, optimieren Überzeugungskraft und Verständlichkeit und überprüfen inhaltliche Richtigkeit und Rechtschreibung. Am Ende dieses Schrittes steht ein publikationsfähiges Manuskript.

Drei Vorteile des strukturierten wissenschaftlichen Schreibens

  • Vorteil 1: Jeder Schreibphase hat ihren eigenen Schwerpunkt. Das Konzept legt die Story fest, das Outline die Argumentation innerhalb der Kapitel (IMRAD). Beim Schreiben der Rohfassung konzentriert man sich auf Logik und Verständlichkeit und beim Überarbeiten auf Stil und Formalitäten.
  • Vorteil 2: Jede Schreibphase kann kontrolliert werden – von Ihnen selbst, Ihrem Boss und Ihren Koautoren. So stellen Sie sicher, dass Sie von Beginn an in die richtige Richtung arbeiten. Nachträgliches Umschreiben kann so vermieden werden (hierzu: „Die Zusammenarbeit mit den Koautoren„).
  • Vorteil 3: Der Zeitbedarf für Paper oder Doktorarbeit ist geringer. Die Schreibphasen greifen wie Zahnräder ineinander. In der Summe reduziert man die Dauer bis zum publikationsfähigen Manuskript um ein Vielfaches (hierzu: „Zeitbedarf eines Research Papers„).
Der strukturierte Schreibprozess und die wissenschaftliche Publikation

Dieser strukturierte Schreibprozess ist nichts, was ich mir theoretisch ausgedacht habe. Er beruht auf meiner Erfahrung als schreibender Wissenschaftler und freiberuflicher Scientific & Medical Writer. Mir hat er geholfen – probieren Sie es einfach aus.

Wo man ihn erlernen kann? Falls die Kurzdarstellung hier im Blog nicht genügt: zum Beispiel im „Paper-Protokoll“.