Dr. Stefan Lang am 27. April 2022

Doktorarbeit Medizin: schlechte Note wegen No-Go’s bei der Datenauswertung


Kategorie Statistik

Es gibt wissenschaftliche No-Go’s bei der Auswertung der Daten, die fast zwangsläufig zu einer schlechteren Note einer medizinischen Doktorarbeit führen.  Manchmal sogar zur vollständigen Ablehnung der Doktorarbeit durch die Prüfungskommission.

Was sind diese No-Go’s, auf welche Fehler in der Datenauswertung reagieren Prüfer besonders allergisch? Hier die beiden „was garnicht geht“-Fehler.

Rosinenpicken bei der Datenauswertung

„Rosinenpicken“ klingt so harmlos. Jedoch handelt es sich im Kern um Datenmanipulation, also eine Todsünde in der Wissenschaft. Das führt zwangsläufig zu einer schlechten Note oder Ablehnung der Doktorarbeit. Hier zwei Beispiele:

Beispiel: Datenmanipulation

Sie haben in einem Zellkultur-Experiment zwei Ansätze unterschiedlich behandelt (mit/ohne Medikament) und anschließend die Zellen gezählt. Pro Ansatz hatten Sie fünf Proben (z.B. fünf Petrischalen). Das Ergebnis: Vielleicht glauben Sie zu erkennen, dass der behandelte Ansatz mehr Zellen enthält. Aber in jedem Versuchsansatz gab es 1 bis 2 „Ausreißer“, die weit über oder unter dem Durchschnitt lagen. Im Balkendiagramm sind die Fehlerbalken riesig und das Ergebnis zeigt keinen statistischen Unterschied.

Wenn Sie nun diese Ausreißer bei der Datenauswertung entfernen und also nur die Proben auswerten, die zu einem signifikanten Ergebnis führen, dann manipulieren Sie Ihre Daten. Unwissenschaftlich.  

Sucht man sich für seine Doktorarbeit nur die Daten aus, die einem gefallen, dann ist das Datenmanipulation.

Beispiel: Rosinenpickerei in der Diskussion

Wenn Sie die Diskussion Ihrer Doktorarbeit schreiben, vergleichen Sie Ihre Daten mit Literaturdaten. Manchmal stellt man fest, dass andere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Ergebnisse publiziert haben, die im krassen Widerspruch zu Ihren Daten stehen. Wenn Sie diese widersprechende Literatur in der Diskussion verschweigen und unter den Teppich kehren, ist auch das unwissenschaftliche Rosinenpickerei. Die Note der Doktorarbeit leidet.

Konstruktion von Ursache-Wirkung

Zwei Ereignisse, die zufällig gleichzeitig auftreten (oder auch nicht, man weiß es einfach nicht), werden in kausalen Zusammenhang gebracht. Dieses Verwechseln von Korrelation und Kausalität ist der Klassiker im Querdenker-Wahn und würden den Gutachtern einer medizinischen Doktorarbeit sehr sauer aufstoßen.

Beispiel: Konstruierte Kausalität

Ein 90-jähriger Mann wird geimpft und verstirbt 14 Tage später. Da muss man nicht drüber reden: Es gibt 1000 mögliche Gründe, warum jemand in diesem Alter verstirbt. Hier eine Kausalität zu konstruieren, ist natürlich ein Unsinn, der zur Abwertung der Doktorarbeit führt.

Eine kontruierte Kausalität gefällt den Gutachern einer medizinischen Doktorarbeit überhaupt nicht.

Beispiel: Beobachtungsbias

Das nächste Beispiel ist etwas tricky, weil man sich hier bereits bei der Versuchsplanung genau überlegen muss, ob man eine fundierte Ursache-Wirkung Beziehung herstellen kann.

Sie entwickeln eine Schulungsprogramm, um z.B. Diabetes-Patienten etwas über gesunde Ernährung beizubringen. Anschließend machen Sie den Test und legen den Studienteilnehmern drei Lebensmittel vor: Obst, Schokolade, Sahnetorte. Wenn nun 90% der Teilnehmenden sich für Obst entscheiden, kann man natürlich schlussfolgern, dass die Schulung funktioniert hat. Man kann aber auch schlussfolgern, dass die Teilnehmenden einfach das taten, was von ihnen erwartet wurde. Merke: Menschen, die wissen, dass sie beobachtet werden, verhalten sich anders als im Alltag.

Manchmal kann man eine solche Verzerrung nicht vollständig ausschließen. Dann muss man sie jedoch ausreichend diskutieren. Wenn man das tut, dann leidet auch die Note nicht.

Weitere No-Go’s

In diesem Blog habe ich weitere Fehler in der Datenauswertung beschrieben, die auch zu einer schlechteren Note führen können, wenn sie gehäuft auftreten: